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Jesel philosophus

 

In der Tat wissen nicht viele, dass Jesel auch philosophiert. Und nur einige wissen, dass er permanent philosophiert. Aber das kann man auch nicht immer erkennen. Er selbst erkennt es wohl, erkennt es auch an, aber weiß es nicht zu sagen. Warum auch...

Morgenfrische in der Heide

 

Jesel fühlte sich wie aus dem Bett geworfen.

Und während er so fühlte, fragte er sich, was das für ein Gefühl sei, was für ein Zustand, dieses Aus-Dem-Bett-Geworfen-Sein.

Entfernung, Entfremdung, Entwurzelung, Haltlosigkeit, Unsicherheit, Unruhe?

Vielleicht - aber wo und wie war er, Jesel, gerade jetzt?

Jetzt: nicht mehr im Bett liegend (oder sitzend oder nur seiend), sondern geworfen, und zwar aus dem Bett geworfen oder auch nur sich geworfen fühlend, wo war er jetzt, in was für einer Lage, in welchem Zustand?

Im Nicht-Bett?

In einem Zustand des Nicht-Mehr-Im-Bett-Seins?

Oder besser: in dem des Aus-Dem-Bett-Geworfen-Seins, nicht nur in dem des weiter unbestimmten Nicht-Im-Bett-Seins. Es war sicher auch kein Noch-Nicht-Im-Bett-Sein im engeren Sinne, wenn er auch plötzlich diesen Gedanken gar nicht mehr so schnell verwerfen wollte. Es erinnerte ihn so trefflich an die Idee des Im-Bett-Sein-Wollens oder gar an das vielbesungene Wieder-Im-Bett-Sein-Wollen.

Ein Freund hatte einmal gesagt:

"Wenn du mit solchen Gedanken aufwachst, leg dich besser gleich wieder hin."

Aber, und dies fragte sich Jesel ernsthaft, wenn man erst nach einem Aus-Dem-Bett-Geworfen-Sein solche Gedanken hegt, was dann?

 

Jesel legte sich wieder hin.

Der Fall

 

Als Jesel aufwachte, wusste er eines sofort: Es war ein Tag des Denkens, des Denkens und Nachdenkens, nicht über die Weltlage und alles was so los ist, auch nicht über den wöchentlichen Einkauf, sondern über Begriffe. Ja, in der Tat, er spürte dies, ein Tag des Nach-Denkens.

Er schaute aus dem Fenster und sah auch den Ort dieses Nach-Denkens:

Die Klippe.

Der Felsen.

Die felsig klippenhafte Landzunge.

Er sah dies nicht wirklich, er sah es als Gedanken.

Und er konnte sich ein Bild davon machen, ein Bild von der Landzunge, ein Bild von ihm selbst, wie er dort auf dieser felsig klippenhaften Landzunge sitzt und über Begriffe nachdenkt.

Z. B. so: Was ist ein Begriff? Oder Be-Griff?

...

Mein Denken ist diffus, dachte Jesel plötzlich.

Aber jeder meiner Gedanken muss doch klar gedacht werden können.

Und dann muss ich es doch auch klar sagen können.

...

Dazu sagte Jesel nichts.

Und er wusste warum.

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