Die Gelegenheit
"Eine einmalige Gelegenheit," rief der Mann.
Jesel drehte sich um.
"Ja, mein Herr, das ist eine einmalige Gelegenheit."
Jesel guckte erstaunt.
Einmalig? fragte er sich, wirklich einmalig?
"Kommen sie nur her und schauen sie selbst," sagte der Mann.
Jesel trat näher.
Näher heran, näher heran an den Mann und an die einmalige Gelegenheit.
Allerdings – das sei zu betonen – nicht ohne Zweifel ("Wirklich einmalig?").
Aber – Einmaliges gibt es nicht oft, und genau dieser Gedanke ließ Jesel nähertreten.
Näher heran.
"Schauen sie nur," sagte der Mann.
Jesel schaute und sagte: "Ich schaue."
Eine Weile standen sie beide da, Jesel schaute die Gelegenheit an, die einmalige, der Mann schaute Jesel an.
Nach einer weiteren Weile des Schauens blickte Jesel auf und den Mann an.
Der Mann fragte: "Und? Ist das nicht eine einmalige Gelegenheit?"
"Ja," antwortete Jesel.
Mehr jedoch vermochte er nicht zu sagen, denn die Einmaligkeit der Gelegenheit hatte ihn ergriffen.
Er konnte nur schauen.
Auch der Mann schaute jetzt nicht mehr Jesel an, sondern die Gelegenheit.
Es schien, als ob auch ihn letztendlich der Gelegenheit Einmaligkeit ergriffen hatte.
So standen sie da, beide, ergriffen, bewegt, hingerissen, gezogen in den Bann, in der Einmaligkeit Bann, in den der Einmaligkeit der Gelegenheit.
Und da spürten sie, beide, im selben Moment ebenfalls die Einmaligkeit des Augenblicks.
Schweigend.
Und dann Jesel plötzlich: "Sind nicht alle Augenblicke einmalig?"
"Gewiss doch," sagte der Mann, "aber nicht alle Gelegenheiten."
"Das ist wohl wahr," sagte Jesel und ging.
Lange schaute der Mann Jesel nach und dachte dabei: nichts.
Und Jesel?
Jesel schaute nicht zurück, aber noch Jahre später erzählte er von dieser Begegnung, von diesem Mann, von dieser Gelegenheit und – natürlich – von der Einmaligkeit derselben.